Blumenthal - Der „neue Beese" ist da, „Strandgut" heißt das Buch, das maritime Geschichten und Gedichte enthält und im Mohland Verlag erschienen ist.
Claus Beese holt die Leser da ab, wo sie stehen und nimmt sie mit an die See - oder auf See. Mit wenigen Worten weckt er die Sehnsucht, ein Schiff zu betreten, ein Meer zu erkunden, einen Menschen zu begleiten, der in einer der Geschichten die Hauptrolle spielt. Nur ein knurriger Betrachter mag über den Reim holpern oder über den Erzählfluss der einen oder anderen Geschichte stolpern - er wird nicht umhin kommen, das „aufzulesen", worüber Claus Beese schreibt: über die Sehnsucht nach Meer und mehr, nach Abenteuer, diese und vergangene Zeiten, Lebenswirklichkeit im norddeutschen Raum.
Und so mag selbst der knurrigste Betrachter die eine oder andere Träne tapfer im Augenwinkel verdampfen lassen, denn der Liebe - zum Beispiel der Mutterliebe - die in schillernden Farben in den Zeilen von Claus Beese zu entdecken ist, wird er nicht ganz entgehen können. Über die Geschichte und die Hilfsbereitschaft des Klabautermanns, den Witz und den Stolz tapferer Seemänner berichtet der Autor, aber auch über Grauen und Trauer. Mit Herzblut bringt er das in Worte, was manch ein wortkarger Zeitgenosse mit einem einzigen „Jo" zusammenfasst: Zustimmung, Zweifel, Glaube, Geduld, Freundlichkeit und Freundschaft. Wer auch immer nur einen Funken der Sehnsucht nach Meer verspürt hat, durch dieses Buch wird sie garantiert „mehr".AS
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Rezension Nr. 3 - Edith Nebel auf edithnebel.wordpress.com>
Claus Beese: Strandgut – Maritime Geschichten und Gedichte, Goldebek 2010, Mohland Verlag D. Peters Nachf., ISBN 978-3-86675-122-4, Softcover, Format 14,5 x 20,5 x 1,5 cm, EUR 10,00 mit freundlicher Genehmigung der Rezensentin
Strandgut – das sind unterschiedlichste Gegenstände, die durch Strömungen und Tiden an die Meeresstrände gespült werden. Eine ähnlich bunte Mischung bilden die maritimen Texte in diesem Band. Da gibt’s lustige, überraschende, nachdenklich machende und gruselig-unheimliche Kurzgeschichten sowie Gedichte, die entweder von der Sehnsucht nach dem Meer erzählen oder Seemannsabenteuer in Reim und Vers kleiden.
Gefühlvoll und nachdenklich geht es in der Geschichte „Die Brücke“ zu, übersinnlich und dramatisch in „Die Moorwaage“. Lustig und allzu menschlich wird’s „Bei Thor und Odin“. Hat man den Skipper hier übers Ohr gehauen? Hätte er besser auf seine innere (Wikinger-)Stimme hören sollen? „Hammel, Steaks und Haifischflossen“ beschäftigen den Messjungen Bodo und seinen Stubenkameraden Hein. Einen Hai wollen sie fangen. Und dann läuft die Sache irgendwie aus dem Ruder …
„Strandkorb-Kobolde“ müssen dem Handwerker Hauke auf die Sprünge helfen, denn in Herzensangelegenheiten kommt er einfach nicht aus dem Quark. Aufregend und ein wenig übernatürlich geht’s bei den Tierschützern in „Der Auftrag“ zu. „Sie wollten nicht hören“ bezieht sich auf zwei junge Angler, die die Erzählungen eines alten Mannes als „armdickes Seemannsgarn“ abtun. „Ein Bombenjob“ in mehr als einer Hinsicht wartet auf Kapitän Mönsen und seine Männer.
„Heiliger Abend unter Palmen“ ist eine zauberhafte, moderne Weihnachtsgeschichte mit exotischem Flair. Seit drei Jahren segelt die vierköpfige Familie nun schon über die Weltmeere, und die Töchter wünschen sich nichts sehnlicher als Weihnachten im Schnee. Ob’s auf der Weihnachtsinsel welchen gibt?
„Die See schuldet mir ein Bein“, behauptet der Alte in der Geschichte „Dem Meer getrotzt“. Aber was hat ein Stück Treibholz, das Fragment einer Galionsfigur, damit zu tun? – „Erst wenn es Eier regnet“ will Skipper Kuddel die allgemeine Verkitschung des Osterfestes akzeptieren. „Und wenn das passieren sollte, verkleide ich mich als Osterhase und bringe jedem von euch persönlich ein Ei!“, verspricht er seinen Vereinskameraden (Seite 126). Damit wähnt er sich auf der sicheren Seite …
Ist „Klabi“ nur der unsichtbare Fantasiefreund der Skipperstochter oder steckt mehr dahinter? In einem Moment höchster Gefahr zeigt sich die Wahrheit. – Horror-Elemente und einen Schuss Romantik weist die Geschichte „Der Leuchtturm“ auf. Der unerschrockene Leuchtturmwärter Geoffrey will einen schrecklichen alten Fluch brechen. Vielleicht hätte er dabei etwas konsequenter vorgehen sollen …
„Die Möwe“ ist für den verwitweten Skipper Jensen mehr als ein gewöhnlicher Vogel. Eine sehr emotionale und traurige Geschichte! Der „Hafen des Grauens“ besticht durch seine unheimliche Atmosphäre und durch das überraschende Ende. „Kamarim – Mein Stolz“ zeigt eine Momentaufnahme aus dem Leben eines griechischen Skippers und eines deutschen Touristen. Sie kommen in Gespräch und erleben einen ereignisreichen Tag auf See. „Es war eigenartig“, zieht der Tourist verblüfft Bilanz. „Zwei sich vollkommen fremde Männer, noch dazu aus verschiedenen Kulturkreisen mit unterschiedlichen Sprachen, verstanden sich ohne viele Worte.“ (Seite 159)
„Abschied“ – auch diese hochemotionale Geschichte endet ganz anders als man zunächst vermutet. „Drachenjäger“ führt uns in die wilde Zeit der Wikinger. Der begnadete Schiffszimmermann Torge erweckt die Aufmerksamkeit von König Harald Blauzahn. „Ich bin ein wenig spät …“ fällt wieder in die Kategorie „übersinnlich“: Immer wieder hat der Erste Offizier Runulfson den gleichen Traum. Ob der Spuk aufhört, wenn er den Ort findet, von dem er immer träumt? –
„Träume“ hat auch ein sechsjähriger Junge: von aufregenden Erlebnissen auf dem weiten Meer. Da kommt ihm ein verlassener Kahn als Abenteuerspielplatz wie gerufen …
So wie sich kein Schauspieler gerne auf eine Rolle festlegen lässt, ist auch jeder Autor bestrebt, seine künstlerische Vielfalt unter Beweis zu stellen. Jetzt wissen wir, dass Claus Beese, der sich mit seinen heiteren Erzählungen über Skipper und Angler einen Namen gemacht hat, auch ernsthafte und traurige, gespenstische und romantische Geschichten schreiben kann – und stimmungsvolle Verse, aus denen die Liebe zur See spricht. Das alles findet sich in dem vorliegenden Buch, und jeder Leser kann sich aus dem STRANDGUT die Fundstücke herauspicken, die ihm am meisten zusagen.
Es wird den Autor hoffentlich nicht kränken, wenn der eine oder andere Leser von seinem Gewohnheitsrecht Gebrauch macht und vor allem die heiteren Geschichten liebt – und die mit der überraschenden Pointe.
Doch auch die Geschichte von der Freundschaft des griechischen und des deutschen Skippers, spukt einem noch lange nach dem Lesen im Kopf herum („Kamarim – Mein Stolz“, Seite 150). Man kann die besondere Stimmung auf diesem spontan unternommenen Tagesausflug mühelos nachempfinden.
Wer eine etwas andere Weihnachtsgeschichte sucht, die in einer ungewöhnlichen Umgebung spielt, wird an „Heiliger Abend unter Palmen“ (Seite 83) seine Freude haben. Die Familie, die mit der „Esmeralda“ die Welt umsegelt, taucht in der Story „Klabi“ (Seite 109) wieder auf. Die beiden Beiträge klingen ein wenig wie Geschichten, die ein Vater seinen atemlos lauschenden Kindern erzählt. Und man fragt sich, ob die Abenteuer dieser Familie nicht das Zeug zu einem (Jugend-)Buch hätten.
Wer seinen Horizont erweitern und einen bekannten Autor neu entdecken möchte, ohne ganz auf geliebte und vertraute Stil-Elemente zu verzichten, dem sei STRANDGUT ans Herz gelegt. Wer Claus Beeses Bücher noch nicht kennt, der kann getrost mit diesem Band einsteigen. Verstehen wird er alles. Es entgeht ihm lediglich die Wiedersehensfreude, die Insider empfinden, wenn sie auf eine Handvoll alter Bekannter aus vorigen Büchern treffen. Das ist nicht weiter schlimm. Dafür hat man als Neuling das Vergnügen, Beeses skurrile Buchhelden kennen lernen zu dürfen, noch vor sich.
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Dipl.-Wirt.Ing. (FH) Edith Nebel
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